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„Wenn wir die Zukunft mitgestalten wollen, müssen wir uns auf dieses Experiment einlassen.“
Autor Sascha Lobo über Künstliche Intelligenz
Carolin Hort
15. Januar 2025
Society
Lesezeit: 2 Min.
Sascha Lobo ist Publizist, Podcaster und Experte im Bereich der Digitalisierung und KI. Wie er über Künstliche Intelligenz denkt und welches Potenzial in der Kombination von KI mit Robotik und Automatisierung steckt.
Sascha, auf deiner Website steht: „Die KI-Transformation, also die Veränderung von Wirtschaft und Gesellschaft durch Künstliche Intelligenz, wird ähnlich umfassend wirksam werden wie die Industrialisierung. Deshalb müssen wir sie verstehen – schnell.“ Erklär mal.
Sascha Lobo: Die Industrialisierung hat erst zu der Welt geführt, wie wir sie heute kennen. Unsere Städte, unsere Logistik, alles hängt sehr unmittelbar von ihr ab. Ohne die Industrialisierung würden wir heute immer noch in dörflichen Strukturen leben. Ähnlich stark wird die Veränderung durch künstliche Intelligenz sein.
Sascha Lobo: "Wir müssen eine Kultur des Ausprobierens entwickeln und lernen, uns voranzuscheitern."
Kannst du das näher beschreiben?
Das, was uns bevorsteht, greift stark in die Lebensabläufe, in die Alltagsabläufe, aber eben vor allem auch in die Business Abläufe ein. KI greift sogar so tief, dass sie unsere Kultur, unser Miteinander verändert. Und das ist genau der Punkt: Das Miteinander. Wenn man so in den Frontverläufen des Fortschritts dabei ist, ist vieles noch nicht klar. Das muss man herausfinden und erarbeiten und das funktioniert nur, wenn man strukturiert ausprobiert, wie diese Transformation wirkt.
Das heißt, wir müssen vor allem eines: Ausprobieren?
Richtig! Im beruflichen Kontext bedeutet das: Unternehmen und Mitarbeitende müssen sich gemeinsam ansehen, wie sich Arbeitsprozesse und Produktionsabläufe durch KI verändern. Und natürlich müssen Menschen selbst eine AI Literacy* entwickeln, indem sie anfangen zu recherchieren und sich weiterzubilden. Wir können uns gar nicht schnell genug genau darauf vorbereiten.
Ein Appell?
Wir brauchen eine Kultur des Wandels. Vor allem in Deutschland haben wir einen Hang zum Perfektionismus. Die digitale Vernetzung und KI führen aber zu einem Zeitalter der „Effizienzradikalität“: Alle Transformationen zielen darauf ab, die Effizienz drastisch zu steigern. Wir müssen eine Kultur des Ausprobierens entwickeln und lernen, uns voranzuscheitern.
"Unternehmen und Mitarbeitende müssen sich gemeinsam ansehen, wie sich Arbeitsprozesse und Produktionsabläufe durch KI verändern." - Sascha Lobo
Du hast vorhin gesagt, dass KI ähnlich stark wirken wird, wie die Industrialisierung. Welche Rolle in dieser industriellen Revolution spielt KI in Kombination mit Robotik und Automatisierung?
Nicht nur ich, sondern eine Vielzahl von Leuten, wie der Chef und Gründer von Nvidia Jensen Huang, sagen: Das nächste große Ding mit und durch und bei KI ist Robotik. Wir sprechen dabei von Physical AI, durch die Vermählung der Virtualisierung, der Software und der AI getriebenen Software mit Robotik.
Ich gebe dir ein Beispiel: Worauf beruht der Erfolg von Plattformen wie Temu, die extrem günstige Waren verkaufen?
...
Erstens: Auf KI.
Zweitens: Auf neuen Logistik Anwendungen, die mit KI zu tun haben.
Drittens: Auf völlig neuen Produktionsdynamiken.
Und warum? Weil die Daten aus den Shops und Plattformen sofort zurück in die Produktionshallen fließen. Es besteht also eine direkte Verknüpfung zwischen einem aktuell angesagten blauen Turnschuh auf Temu, und der Information an die Fabrik, die diese dann in Echtzeit produziert – bis runter auf Losgröße 1 und das auch noch gewinnbringend. Dadurch werden Produktionsdynamiken ins Unermessliche geschraubt. Quer durch alle Industrien, ganz egal, ob dort Metallteile oder gefaltete Papptüten hergestellt werden.
Das nächste große Ding mit und durch und bei KI ist Robotik.
Siehst du internationale Unterschiede?
Auf jeden Fall. In Europa neigen wir dazu, erst einmal Risiken zu sehen und deshalb zu regulieren. Und ich sage nicht, dass a la laissez-fair nun alles möglich sein soll, wir brauchen eine gewisse Form von Regulierung. Aber: Wir müssen ganz eindeutig lockerer werden, wenn wir sehen, was in anderen Teilen der Welt passiert. Der Takt und die Radikalität, mit der diese Transformation vorangetrieben werden, zeigt doch ganz eindeutig, dass wir ein anderes Mindset brauchen. Wenn wir die Zukunft mitgestalten wollen, dann müssen wir uns auf dieses Experiment einlassen.