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Wenn Produktionen zu IT-Landschaften werden

Früher war es so: Sensorhersteller entwickelten Kameras, die am Roboter angebracht wurden. Die Software war zweitrangig, diente vor allem dazu, dass Kamera und Roboter miteinander kommunizieren konnten. Heute entscheiden sich Kunden häufig erst für eine Vision-Software und prüfen dann, welche Hardware damit kompatibel ist. Software dominiert.


Ulrike Götz
20. März 2024
Technology
Lesezeit: 4 Min.

»Wenn wir in fünf Jahren eine Anlage ausliefern, wird das digitale Abbild standardmäßig dabei sein«, sagt Florian Groschup, Director Operations Controls bei KUKA und Profi, wenn es um digitale Zwillinge, digitale Schatten und die komplette Digital Factory im Anlagenbau geht. Die Digital Factory umfasst alles: von der Angebotserstellung bis zur Smart Factory mit Software-Paketen in der Cloud. "Unsere Kunden sehen schon in der Entstehungsphase, wie die Anlage aktuell aussieht – alles simuliert."

Der Digitale Zwilling ist die Grundlage. Durch ihn können alle verfügbaren Daten gesammelt und einfach und intuitiv visualisiert werden. Für das digitale Abbild nutzt KUKA als Basis die 3D-Simulationssoftware von Visual Components und erweitert diese mit dem Wissen um unsere Roboter zu KUKA.Sim. Auch in allen anderen Prozessschritten steckt immer mehr Digitalisierung und Software: Der Anteil der virtuellen Inbetriebnahme steigt rasant. Bisher wurde sie vor allem in komplexen Stationen und Anlagenteilen genutzt. Künftig wird sie vollumfänglich eingesetzt, um das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten auf Herz und Nieren zu prüfen. "Nach der virtuellen Inbetriebnahme kommt dann aber natürlich wieder Stahl und Eisen ins Spiel. Ohne Hardware geht es in unserer Branche nicht", erklärt Florian Groschup.

Die reale Fabrik digital abzubilden, wird immer mehr zum Standard.

"Software as a service" als Königsdisziplin

Diesen digitalen Einfluss auf den Prozess zu Ende gedacht, bedeutet: Auch nachdem die Anlage bei einem Kunden in Betrieb genommen wurde, bleibt das digitale Abbild bestehen und entwickelt sich in jedem Detail weiter – parallel zur realen Anlage. Die Königsdisziplin ist es dann, mit Softwarepaketen aus der Cloud als "Software as a Service" die Prozesse stetig zu verbessern – sei es im Hinblick auf Umbauten, Taktzeiten, Output, aber auch Energieeffizienz. Das ist der nahtlose Übergang in die Welt von IoT: "Dann geht es um pure Datenanalyse und Anlagen-Know-how. Das ist vor allem auch für die Produktionsanlagen im Hausbaubereich interessant. Hier haben unsere Kunden noch wenig Erfahrung in der Automatisierung und vertrauen auf uns als Spezialisten", sagt Groschup.

Das reale Simulieren

KUKA arbeitet intensiv daran, dass ganze Produktionsanlagen vorab als digitales Abbild erscheinen. Die Vorteile? Robotersysteme können schneller und einfacher eingesetzt werden. Aussagen zur Leistungsfähigkeit der Anlage sind innerhalb von Minuten ermittelt. Alle an der Planung einer Roboteranlage beteiligten Gewerke können einfacher miteinander kommunizieren. Das reduziert das Risiko für das Projekt und die Timeline enorm. Auch die Anbindung an andere KUKA Software ist nahtlos möglich. "Damit sind wir in der Lage, einen vollständigen Digitalen Zwilling unseres Robotersystems anzubieten", sagt Roland Ritter, Platform Product Manager Simulation bei KUKA. "Damit kann man sein Roboterprojekt starten, ohne Hardware zur Verfügung zu haben, und sich trotzdem darauf verlassen, dass die Ergebnisse und das Verhalten sehr nah an der Realität sind."


Nach der virtuellen Inbetriebnahme kommt dann natürlich wieder Stahl und Eisen ins Spiel. Ohne Hardware geht es in unserer Branche nicht.

Florain Groschup, Director Operations Controls bei KUKA

Software wird benutzt, nicht verkauft

Es geht dabei um mehr als nur eine Simulation. Der Gedanke dahinter spiegelt sich im Markt wider: Software wird nicht mehr verkauft, sondern das Recht, sie zu nutzen. Rund um den Globus 24/7- Softwarezugang innerhalb von Minuten ist mittlerweile ein Standard. Mit Blick auf das KUKA Portfolio soll das vor allem für die Technologiepakete innerhalb der Simulation gelten. Eine Lizenz ist nur dann erforderlich, wenn die Software auf der realen Steuerung für den industriellen Einsatz mit dem Roboter benutzt wird. Ausprobieren, wie die Technologiepakete funktionieren und ob sie im konkreten Projekt einen Mehrwert bringen, lässt sich innerhalb der Simulation einfach und ohne Mehrkosten herausfinden. Dazu braucht es einen Ort, an dem die Software aufbewahrt und an Kunden verteilt wird. Der IoT-Profi der KUKA Gruppe Device Insight entwickelt genau das: einen Service, der in der Lage ist, gehostete Software für jedes benötigte Frontend hochzuladen, zu verwalten, freizugeben und auch wieder zu entfernen.

Wie entwickelt sich der Markt? 

Bis 2027 prognostiziert der »Digital Twin Market Report 2023–2027« ein jährliches Wachstum des globalen Markts für digitale Zwillinge um rund 30 Prozent, wobei das verarbeitende Gewerbe die größte Branche mit dem stärksten Wachstum sein wird. Zu den kurzfristigen Gegenwindfaktoren gehören laut IoT Analytics Inflationsdruck und schwache Wirtschaftsaussichten. Zu den Rückenwindfaktoren zählen der Arbeitskräftemangel sowie die Investitionen in die Digitalisierung und die Konvergenz von künstlicher Intelligenz bzw. maschinellem Lernen und digitalen Zwillingen, Nachhaltigkeit sowie nachhaltiger Wandel. Unternehmen in Ostasien und im Pazifik investieren am stärksten und bündelten 2022 34 Prozent der weltweiten Ausgaben für digitale Zwillinge. Auf Europa und Zentralasien entfielen 27 Prozent und auf Nordamerika 26 Prozent der weltweiten Ausgaben.

Industrielle Produktionen entwickeln sich zu IT-Landschaften. Server säumen sich entlang der Produktionslinien und geben neue Softwarebefehle aus der Cloud direkt an die Hardware in der Linie. Der Roboter ist mittendrin und verbindet – ausgestattet mit Softwarepaketen und angebunden an die Cloud – wie kein anderes Produkt die digitale Welt mit der produzierenden Welt der Hardware.

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Hier schreibt:
Ulrike Götz
Spokesperson Technology KUKA 
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