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Ein KR AGILUS in der Endoskopie-Produktion schenkt freie Sicht ins Innere

Bei KARL STORZ im schweizerischen Widnau entstehen seit dem Sommer 2021 automatisiert Okularmuscheln für Endoskope. Ein KR AGILUS entlastet seitdem das Team – und hat die Produktion beschleunigt. Eine schwäbisch-schweizerische Erfolgsgeschichte.


„Wir hatten eine Schweißmaschine, die in die Jahre gekommen war und leider nicht mehr sehr zuverlässig gearbeitet hat.“ So beschreibt Sarah Mühleck, Standortleiterin der KARL STORZ Niederlassung in Widnau/Schweiz, den Anlass für die Automatisierung. Das war Ende 2020. So machte sich ihr Team auf die Suche nach einer effizienten, innovativen Lösung. KARL STORZ, 1945 gegründet, steht für hochwertige Endoskope, medizinische Instrumente und Geräte höchster Güte. Rund 8.300 Mitarbeitende weltweit sind für die Entwicklung, die Produktion, den Vertrieb und den Service rund um die 15.000 Produkte zuständig. In Tuttlingen in Württemberg befindet sich die Firmenzentrale, produziert wird auch in den USA, Estland und eben der Schweiz. Unweit des Bodensees, in Widnau, entstehen optische Bauteile für Endoskope wie Okulare, die den Blick ins Körperinnere ermöglichen, und darum äußerst dicht und reinigbar sein müssen.
Pick und Place: Ein KR AGILUS ist Teil der Endoskop-Produktion in Widnau. Er legt die Rohteile ein und entnimmt fertige Werkstücke © Stefan Hobmaier, TRUMPF

Von monotoner Handarbeit zur Laserschweißanlage

Der konkrete Prozess, für den das neue Schweißsystem nötig war, bestand aus der Verbindung einer Edelstahlhülse mit dem in einen Edelstahlring gefassten Deckglas. Beide sind Teil der sogenannten Okularmuschel des Endoskops. Dieses ermöglicht dem Chirurgen bei endoskopischen Eingriffen freie Sicht in Hohlorgane beziehungsweise Körperhöhlen. Handarbeit war hierfür unverzichtbar. Mitarbeiter legten die Bauteile in die Maschine ein und entnahmen diese nach dem Schweißvorgang wieder – immer eine Hülse und einen darauf zu schweißenden Ring mit Deckglas. „Solche monotonen, sich wiederholenden, belastenden Aufgaben nehmen wir unseren Mitarbeitenden sukzessive ab“, merkt Sarah Mühleck an. 
Das Deckglas auf die Hülse zu setzen, erfordert Fingerspitzengefühl, das Pick and Place durch den Roboter ebenfalls. Eine ideale Aufgabe für den KR AGILUS © Stefan Hobmaier, TRUMPF

Automatisierung, Schritt eins: ein Schweißsystem finden

Das Team in Widnau suchte gezielt nach einer Automatisierungslösung. Was den eigentlichen Schweißvorgang betraf, stand das favorisierte System bereits fest: Das Unternehmen KARL STORZ testete bereits seit einigen Monaten das 3D-Laserschweißsystem TruLaser Station 7000 aus dem Unternehmen TRUMPF im schwäbischen Ditzingen und war sehr zufrieden damit. TRUMPF, gegründet 1923, ist international erfolgreich mit seiner Laser- und Systemtechnik und inzwischen auch mit automatisierbaren Lösungen. Ein Schwerpunkt liegt auf dem Laserschneiden, Laserschweißen und -beschriften
Das Team bei KARL STORZ in Widnau hat sich schnell an die Arbeit mit dem neuen 3D-Laserschweißsystem gewöhnt © Stefan Hobmaier, TRUMPF
Ein starkes Team für Pick and Place in der Medizintechnik: TruLaser Station 7000 und KR AGILUS produzieren bei KARL STORZ Endoskope

Schritt zwei: Empfehlung in der Nachbarschaft

15.000 Menschen arbeiten für TRUMPF, die Zusammenarbeit mit KARL STORZ bewährt sich seit fast 30 Jahren. Als die Automatisierung der TruLaser Station 7000 zur Sprache kam, konnte das TRUMPF-Team einen Integrator empfehlen – praktischerweise ebenfalls in der Nähe. Das Unternehmen wbt automation in Gosheim beschäftigt derzeit 18 Mitarbeitende. Der Geschäftsführer von wbt, Joachim Burkert, war schnell angetan von der Idee, die Okularmuschel-Produktion teilweise zu automatisieren. „Der Name wbt steht ja auch für ,Wir bewegen Teile', da waren wir gerne dabei“, sagt er rückblickend. „Auch, wenn die Anforderungen hoch waren.“
Joachim Burkert, Geschäftsführer von wbt automation. Sein Unternehmen setzt bevorzugt auf KUKA Roboter © wbt

Schritt drei: Technik-Details der Laserschweißanlage klären

Joachim Burkert präzisiert: „Wir mussten auf engstem Raum, mit einem kleinen Roboter in kompakter Zelle, sehr viele Werkstücke unterbringen, diese im Schweißgerät genau positionieren und ablegen. Zudem mussten wir miteinander abstimmen, wie genau der Roboter die Teile transportiert, da wir mit jeder Bewegung zwei Werkstücke greifen und diese fügen wollten.“ Für rund 98 Prozent der Automatisierungsprojekte greift wbt automation auf KUKA Roboter zurück, berichtet Burkert. „Die hierfür nötige Genauigkeit erforderte einen exakt vermessenen Roboter, keinen von der Stange. Wir wählten einen KR AGILUS vom Typ KR10 R1100, der bei KUKA extra noch mal ins Trainingslager geschickt wurde, bevor er zu uns kam.“ Nun kann er unter anderem mit seiner Lasersensorik die Position der Bauteile überprüfen und neben dem Vierfachgreifer auch einen kleinen Vakuumsaugbalg nutzen, um jedes Deckglas exakt zu positionieren.
Eingespieltes Team: Der KR AGILUS als Roboter fürs Handling und die TruLaser Station 7000 von TRUMPF für das 3D-Laserschweißen © Stefan Hobmaier, TRUMPF

Schritt vier: eine erfolgsversprechende Ehe

Die Roboterzelle ist an die TruLaser Station 7000 angedockt, kann aber flexibel entfernt und gewartet werden. Ihr Werkstückspeicher enthält vier Schubladen, die insgesamt bis zu 960 Werkstücke aufnehmen können. An ihnen bedient sich der KR AGILUS, um die Bauteile in die Laserschweißanlage zu transportieren – je Schweißvorgang zwei Hülsen und die exakt darauf platzierten Deckgläser. Die fertig geschweißten Okularmuscheln werden ebenfalls wieder im Werkstückspeicher abgelegt. Joachim Burkert berichtet, dass der KUKA Roboter beste technische Voraussetzungen mitbrachte: „Wir haben die bewährte KUKA Steuerung und das bekannte Bedienpanel mit Komponenten aus unserem Unternehmen verheiratet. Der Roboter wurde auf eine eigens für ihn entwickelte Zelle, die MRC flextray, montiert. Via Profibus haben wir eine sichere Verbindung mit unserer Siemenssteuerung hergestellt, was uns die problemlose Kommunikation mit dem TRUMPF-System ermöglicht.“
Pick and Place mit dem von wbt automation konzipierten Spezialgreifer. Er nutzt einen Vakuumsaugbalg, um die Positionierung der Rohteile zu sichern © wbt

Schritt fünf: Skeptiker überzeugen

Wolfgang Karl, seit vierzig Jahren bei KARL STORZ und der Laser-Spezialist im Unternehmen, räumt ein, anfangs skeptisch gewesen zu sein. „Ich hatte natürlich Fragen bei der Entwicklung. Wie greift der Roboter die Teile, wie sicher ist das? Was, wenn der Greifer durch einen Fehler mal nur ein Teil einsetzt, aber zwei mit nach draußen transportieren soll? Und wie kriegen wir das 100-prozentig hin, dass es keine Probleme gibt?“ Als Antwort lieferte wbt automation „im Vorfeld eine komplette Simulation, die wir mit der Simulationssoftware KUKA.Sim gefahren haben“, wie Joachim Burkert beschreibt. Mithilfe des digitalen Zwillings konnte der Integrator „das ganze Produkt schon zeigen, bevor die Hardware da stand“, so Burkert. „Das hat meine Zweifel ausgeräumt“, betont Wolfgang Karl. 
Wolfgang Karl ist bei KARL STORZ der Experte für alle Laserprozesse © Stefan Hobmaier, TRUMPF

Schritt sechs: Im Alltag bestehen, hohe Qualität liefern

In Kombination mit dem passenden Laser – in diesem Falle einem faserbasierten TruFiber 500 mit 500 Watt – startete die automatisierte Produktion. Zuletzt mussten nur noch die Mitarbeiter überzeugt werden, die nun zwar keine Schweißmaschine mehr be- und entladen mussten, dafür aber unter anderem die Schubladen füllen, den Roboter bedienen und die Qualitätskontrolle übernehmen. Sarah Mühleck berichtet: „Gekündigt wurde niemand, vielmehr konnten wir mit der Automatisierung einen Renteneintritt kompensieren. Aber manche Mitarbeiter hatten Zweifel, ob sie der neuen Technik gewachsen sind.“ Das Unternehmen wbt schulte KARL STORZ-Mitarbeiter sowohl in Tuttlingen als auch in Widnau und nahm ihnen die Unsicherheit.
Flexible Anlage für das 3D Laserschweißen: Der Roboter kann jederzeit schnell vom Lasersystem getrennt werden © Stefan Hobmaier, TRUMPF

„Die Schweißnähte sind sehr, sehr gut“

Sarah Mühlecks Bilanz nach etwas über einem halben Jahr: „Jeder Mitarbeiter kann den Roboter bedienen und diese Station ist in unserem rotierenden System sogar besonders beliebt.“ Sechs Monate nach dem ersten Treffen aller Akteure nahm die TruLaser Station 7000 mit KR AGILUS Roboterzelle den Dienst in Widnau auf. Mit messbarem Erfolg: Für das Be- und Entladen, das in händischer Arbeit durchschnittlich zehn Sekunden dauert, benötigt der Roboter zwei Sekunden. Doch am Wichtigsten ist laut Sarah Mühleck: „Die Qualität stimmt. Die Schweißnähte sind sehr, sehr gut. Und das System ist zuverlässig, nichts fällt heraus.“
Sarah Mühleck bei der Qualitätskontrolle: Nur wenn Deckglas und Hülse perfekt verschweißt sind, ist die Okularmuschel einsetzbar © Stefan Hobmaier, TRUMPF

Fazit: Automatisierung mit Leuchtturm-Charakter

Dr. Axel Frey, Produktmanager bei TRUMPF, zeigt sich ebenfalls beeindruckt von diesem Automatisierungsprojekt. „Teile in ein Laserschweißsystem hineinlegen und herausholen, und das mit höchster Prozesssicherheit – das ist etwas, das ein Mitarbeiter zwar leisten kann, aber erstens nicht in dieser Geschwindigkeit und zweitens nicht 100-prozentig konstant. Doch der Prozess muss über 24/7 konstant sein und die Qualität hoch bleiben.“ Mit der TruLaser Station 7000 in Widnau gelinge das. Mehr noch: „Das Projekt hat auch von Medizintechnikern aus den USA, denen ich es vorgestellt habe, ein sehr positives Feedback bekommen. Diese Automatisierung ist ein Leuchtturmprojekt in vielerlei Hinsicht.“
Pick – Place – Schweißen! Die Laserschweißanlage liefert höchste Qualität für die Endoskopie © Stefan Hobmaier, TRUMPF

Jeder Mitarbeiter kann den KUKA Roboter bedienen und diese Station ist in unserem rotierenden System sogar besonders beliebt.

Sarah Mühleck, Standortleiterin KARL STORZ Widnau

Offen für neue Herausforderungen

Für Joachim Burkert macht der Umstand, dass Laserschweißsystem und Roboter jederzeit schnell voneinander zu trennen sind, die Lösung besonders zukunftsträchtig. „Hat KARL STORZ in fünf Jahren eine andere Aufgabe für den Roboter, können die Mitarbeiter die Zelle in weniger als einer Minute abdocken und dem KR AGILUS die neue Aufgabe zuteilen. Oder man teilt einem KR AGILUS zwei verschiedene Laser zu: Tagsüber arbeitet er an Laser eins, nachts an Laser zwei.“ Aktuell will bei KARL STORZ in Widnau allerdings niemand etwas ändern. Alle sind zufrieden damit, wie Menschen, Maschinen und der KUKA Roboter ihre Aufgaben erledigen. „Es war“, zieht Standortleiterin Sarah Mühleck ihr Fazit, „eine richtig gute Zusammenarbeit. Das macht Lust darauf, so etwas zu wiederholen.“

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